10. Sonntag nach Trinitatis, 21.8.2022

Lesegottesdienst, 10. Sonntag nach Trinitatis, 21 .8.2022,
Pfr. Anette Prinz, Musikstücke: Susanne Weingart-Fink,

 

Gott sei mit dir als Quelle der Liebe, die Gnade, die Mensch wird, die Kraft, die Leben schafft

Psalm 122: Gebet zum Israelsonntag
Ich freute mich über die, die mir sagten: Lasst uns ziehen zum Hause des HERRN!
Nun stehen unsre Füße in deinen Toren, Jerusalem.
Jerusalem ist gebaut, als eine Stadt in der man zusammenkommen soll, wohin die Stämme hinaufziehen,
die Stämme des HERRN, wie geboten ist dem Volk Israel, zu preisen dem Namen des HERRN. Denn dort stehen
die Throne zum Gericht, die Throne des Hauses David.
Wünschet Jerusalem Glück! Es möge wohl gehen denen, die dich lieben! Es möge Friede sein in deinen Mauern und Glück in deinen Palästen! Um meiner Brüder und Freunde willen will ich dir Frieden wünschen.
Um des Hauses des HERRN willen, unseres Gottes, will ich dein Bestes suchen.

NL 183 1. Nächstes Jahr, du wirst sehn, verbringen wir die Tage ohne Angst, froh und frei vor dem Haus.
Kinder spieln um uns her, befreit von Angst und Schrecken, und am. Himmel ziehn Vögel dahin.
Nächstes Jahr, du wirst sehn, ist vorbei aller Krieg und der Friede kehrt ein in dein Herz. Nächstes Jahr,
du wirst sehn, ist vorbei aller Krieg und der Friede kehrt ein in dein Herz.
2. Traubenschwer, ährenreich, gebiert die Mutter Erde Jahr um Jahr ihre Frucht, die uns nährt. Was wir sehn,
was wir hörn, macht froh und lässt uns leben. Alles Leid ist verweht wie vom Wind.
Nächstes Jahr, du wirst sehn, ist vorbei aller Krieg und der Friede kehrt ein in dein Herz. Nächstes Jahr, du wirst sehn, ist vorbei aller Krieg und der Friede kehrt ein in dein Herz.

Rühmst du dich aber, so sollst du wissen: Nicht du trägst die Wurzel, sondern die Wurzel trägt dich.“
(Römer 11,18)

Gedanken zum Bibelwort
Mitten im Ferienmonat August liegt der Israelsonntag. Zeitnah zum jüdischen Trauertag über die Zerstörung des jüdischen Tempels und der Tempelstadt Jerusalem. Das geschah im Jahre 70 n. Christus. Auch heute werden viele Tränen in Jerusalem geweint, denn die Stadt und das Land haben keinen Frieden. In unseren Gottesdiensten will der Israelsonntag zum Nachdenken anregen über das Verhältnis der Geschwisterreligionen Judentum und Christentum. Keine so einfache Sache. Wer von uns hat schon mit jüdischen Menschen groß zu tun? Wer kennt sich aus in ihrer Religion? Politisch denken wir an die angespannte Situation in den palästinensischen Gebieten. Hören vom Elend der Menschen die dort abgeriegelt leben. Hören zugleich Bewohner Israels von ihren Ängsten sprechen, dass sie sich von den arabischen Nachbarländen bedroht fühlen. Und wissen nicht, wie wir was gewichten sollen. Geschichtlich denken wir an den grausamen Umgang mit der jüdischen Bevölkerung in unserem eigenen Land.
Mich berühren die Geschichten, die Filme, die Dokumentationen, die sich mit diesem Thema beschäftigen. Das war in der Schulzeit so. Und dass ist so geblieben. Ich möchte Ihnen gerne eine der Erzählungen, die mich berührt haben, weitergeben. Geschrieben von der, 1899 geborenen,
Schriftstellerin und Halbjüdin Elisabeth Langgässer. 1947 wurde sie unter dem Titel „Saisonbeginn“ erstmals veröffentlicht:

Die Arbeiter kamen mit ihrem Schild und einem hölzernen Pfosten, auf den es genagelt werden sollte, zu dem Eingang der Ortschaft, die hoch in den Bergen an der letzten Passkehre lag. Es war ein heißer Spätfrühlingstag, die Schneegrenze hatte sich schon hinauf zu den Gletscherwänden gezogen. Überall standen die Wiesen wieder in Saft und Kraft; ... Auch die Häuser und Gasthöfe waren wie neu: ihre Fensterläden frisch angestrichen, die Schindeldächer gut ausgebessert , die Scherenzäune ergänzt. Ein Atemzug noch: dann würden die Fremden, die Sommergäste kommen, die Lehrerinnen, die mutigen Sachsen, die Kinderreichen, die Alpinisten, aber vor allem die Autobesitzer in ihren großen Wagen, Ford und Mercedes, Fiat und Opel, blitzend von Chrom und Glas. Das Geld würde anrollen.
An der Stelle, wo die Männer den Pfosten in die Erde ein-rammen wollten, stand ein Holzkreuz; über dem Kopf des Christus war auch ein Schild angebracht. Seine Inschrift war bis heute die gleiche, wie sie Pilatus entworfen hatte: J. N. R. J. ... Die beiden Männer, welche den Pfosten, das Schild und die große Schaufel, um den Pfosten in die Erde zu graben, auf ihren Schultern trugen, setzten alles unter dem Wegkreuz ab; der dritte stellte den Werkzeugkasten, Hammer, Zange und Nägel daneben und spuckte ermunternd aus. Nun beratschlagten die drei Männer, an welcher Stelle die Inschrift des Schildes am besten zur Geltung käme; sie sollte für alle, welche das Dorf auf dem breiten Passweg betraten, besser: befuhren, als Blickfang dienen und nicht zu verfehlen sein. Man kam ... überein, das Schild rechts neben dem Wegekreuz anzubringen , gewissermaßen als Gruß, den die Ortschaft jedem Fremden entgegenschickte. ...Zwei Männer hoben die Erde aus, der dritte nagelte rasch das Schild mit wuchtigen Schlägen auf; dann stellten sie den Pfosten gemeinsam in die Grube und rammten ihn rings von allen Seiten mit größeren Feldsteinen an.
Ihre Tätigkeit blieb nicht unbeobachtet. Schulkinder machten sich gegenseitig die Ehre streitig, dabei zu helfen, den Hammer, die Nägel hinzureichen und passende Steine zu suchen; auch einige Frauen blieben stehen, um die Inschrift genau zu studieren. Zwei Nonnen, welche die Blumenvase zu Fuße des Kreuzes aufs neue füllten, blickten einander unsicher an, bevor sie weitergingen. Bei den Männern, die von der Holzarbeit oder vom Acker kamen, war die Wirkung verschieden: einige lachten, andere schüttelten nur den Kopf, ohne etwas zu sagen; die Mehrzahl blieb davon unberührt und gab weder Beifall noch Ablehnung kund, sondern war gleichgültig ...
Im Ganzen genommen konnten die Männer mit der Wirkung zufrieden sein. Der Pfosten, kerzengerade, trug das Schild mit der weithin sichtbaren Inschrift. Auch der sterbende Christus, dessen blasses, blutüberronnenes Haupt im Tod nach der rechten Seite geneigt war, schien sich mit letzter Kraft zu bemühen, die Inschrift aufzunehmen. ...Als die Männer den Kreuzigungsort verließen und ihr Handwerkszeug wieder zusammenpackten, blickten alle drei noch einmal befriedigt zu dem Schild mit der Inschrift auf. Sie lautete: ‚In diesem Kurort sind Juden unerwünscht.‘ “

Ich habe diese Geschichte aus meiner Schulzeit mit ins Erwachsenenleben genommen. Zuerst die Sache mit dem Schild und seiner Inschrift. Das Schild war schlimm, wussten wir als Schüler*innen oder bekamen es vom Lehrer gesagt. So wurden also Juden und Jüdinnen in unserem Land ausgegrenzt.

Erst viel später entdeckte ich diesen anderen, tiefen Sinn: das Schild wird angebracht neben dem Juden Jesus, der doch schon längst fester Bestandteil der christlichen Dorfgemeinschaft geworden war. Die Arbeiter merken nicht, was sie tun; sie grenzen einen aus, der doch schon lange ganz fest zu ihnen gehört. Sie grenzen gleichsam sich selbst aus, schneiden sich die Wurzel ihres Glaubens ab.

Nicht du trägst die Wurzel, sondern die Wurzel trägt dich“ schreibt Paulus den Christen im Römerbrief, in dem er sich mit dem Verhältnis der beiden Religionen zueinander auseinandersetzt.

Kein Mensch würde das freiwillig tun – sich von seinen Wurzeln abschneiden. Und doch tun es die Menschen in diesem bayrischen Bergdorf. So entsetzlich und so widersprüchlich war der Wahn, im sogenannten "Dritten Reich".
Das ist ja das christliche Verhängnis gewesen: der Spott, die Verfolgung und das Töten der Juden ist, als verfolgten wir die Väter und Mütter unseres Glaubens, als verfolgten wir Jesus selbst. Und das gleichgültige Zuschauen ist da um nichts besser als die Handlungen der Täter.

Jesus ist Jude und ist es geblieben bis zu seinem letzten Atemzug, unter dem er ein jüdisches Abendgebet sprach: Vater, in deine Hände befehle ich meinen Geist (Ps. 31,6).
„Rühmst du dich aber, so sollst du wissen: Nicht du trägst die Wurzel, sondern die Wurzel trägt dich.“
Nie dürfen wir das als Jünger und Jüngerinnen Jesu vergessen.

Gebet : Großer Gott, du hast deinen Namen auf ewig verbunden mit Israel. Nie hast du deinem Volk die Treue gekündigt. Durch alle Abgründe hast du es begleitet. Ich bitte dich, vergib uns, dass wir das lange nicht verstanden haben. Dass wir als Christen*innen immer wieder neues Leid über jüdische Menschen gebracht haben. Lass mich verstehen, dass unsere Religionen zusammengehören und wir gemeinsam aus deiner Gnade leben. Ich bitte dich, vertiefe mein Verständnis für die jüdische Religion, lass mich gegen alle antijüdische Hetze protestieren. Lass die Verbundenheit unter uns groß werden. Vater unser

NL 17
Der Frieden gibt in den Höh’n, schaffe auch Frieden für uns alle und für ganz Israel und sprecht, und sprecht: Amen! und für alle. Der Frieden gibt in den Höh’n, schaffe auch Frieden für uns alle und für alle Welt und sprecht, und sprecht: Amen!
Frieden gibt der Herr, Frieden gibt der Herr, Frieden uns allen und für ganz Israel! Frieden gibt der Herr, Frieden gibt der Herr, Frieden uns allen und seiner ganzen Welt. Frieden gibt er uns, Frieden gibt er uns, Frieden gibt er uns und für ganz Israel. Frieden gibt der Herr, Frieden gibt der Herr, Frieden uns allen
und für ganz Israel! Frieden gibt der Herr, Frieden uns allen und seiner ganzen Welt.

Segen GOTT segne dich und behüte dich; GOTT lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig;
GOTT schaue liebend zu dir hin und gebe dir Frieden.

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